Gips ist nicht gleich Gips.
Gips verfügt über die Eigenschaft – entgegen Zement und Kalk – auch ohne jegliche Zuschlagsstoffe in einer guten Festigkeit verarbeitet werden zu können. Das schnelle Abbindevermögen, die große Widerstandsfähigkeit gegen Feuer ohne nennenswerte Formveränderung, die vorzügliche Haftfähigkeit und geringe Wärmeleitfähigkeit empfehlen Gips seit jeher als erstklassigen, langlebigen Baustoff.
Gips, der in der Natur frei vorkommt, sei es als Anhydrit oder Rohgips, ist schwefelsaurer Kalk. Die ursprünglichste Form des Gipses ist Anhydrit. Dieser ist gebrannt, gemahlen und mit Wasser angemacht ein unveränderlich totes Material. Als Estrichgips oder Düngemittel gut einsetzbar ist er zur Stuckmodellierung jedoch vollkommen ungeeignet. Der Stuckateur benötigt lebendiges, geeignetes Material für seine tägliche Meisterarbeit. Hier nun kommt der Rohgips zum Einsatz. Der sich in mächtigen Lagern findende kristallisierte Gips, der sich in dünne, durchsichtige, perlmutterglänzende Platten und Plättchen spalten lässt, der selbst bei hohen Hitzegraden unempfindlich ist, weder berstet noch schmilzt, bildet die Grundlage für Stuckgips. Wenn der Rohgips erhitzt wird, wird ihm das Wasser ausgetrieben – es entsteht Brand, welches zu Gipsmehl verkleinert wird. Bei einer Brenntemperatur von ca. 800 C erhält man eine Gipssorte für Modell- und Formgips, mit 1200 bis 1800 C den klassischen Stuckgips. Gebrannte Gipse, die für den Verwendungszweck am Bauwerk geeignet sind, werden auch Baugipse genannt.
Wird das Gipsmehl mit Anmachwasser zur Verarbeitung angerührt, so erhitzt sich während des Anmachens der Baugips.– Dieser rein chemische Prozess läutet die Verarbeitungszeit ein und ist das Zeichen für den Stuckateur, Gipser oder Rabitzputzer seine Leistungen zügig zu vollenden, bevor das Versteifen beginnt. Baugipse dürfen vom Stuckateurfachmann nach der Abbindezeit nicht weiter verarbeitet werden. Nach dem Abbinden der Baugipse erfolgt die Erhärtungszeit, die zwischen einer Stunde bis sechs Stunden je nach verwendeter Gipsart liegt. Bei der Erhärtung verdunstet das überschüssige, bei der Kristallisation nicht benötigte Anmachwasser.
Die Baugipse kommen für Stuck- und Rabitzarbeiten, Putzarbeiten und Estricharbeiten zum Einsatz. Dabei werden die Gipssorten in Stuckgips, Modellgips, Alabastergips, Baugips, Putzgips, Hartputzgips, Estrichgips sowie Marmorgips unterschieden.